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Richard Butler bezichtigt die USA der "Heuchelei"

Der ehemalige Chef der UN-Waffeninspekteure in einem Seminar des Zentrums für Friedens-und Konfliktforschung in Sydney


Im Folgenden dokumentieren wir einen Artikel aus "Truthout Issues" (Los Angeles) vom 18. November 2002 im englischen Original. Die wichtigsten Überlegungen haben wir deutsch zusammengefasst. Interessant finden wir den Artikel vor allem deshalb, weil Butler von anderer Seite, so von Scott Ritter, schwere Vorwürfe gemacht werden, er habe als Chef der UN-Waffeninspekteure einseitig schlechte Arbeit zu Lasten des Irak geleistet und mitgeholfen, den Viertagekrieg 1998 vorzubereiten und ideologisch zu rechtfertigen (vgl. "Lehren aus der UNSCOM-Mission". Umso erstaunlicher, welche kritischen Worte Butler heute für die Politik der USA findet.


Der ehemalige Chefwaffeninspekteur im Irak, der Australier Richard Butler, hat den USA doppelte Standards ("double standards") vorgeworfen. Selbst gebildete Amerikaner stellten sich taub, wenn sie mit Argumenten konfrontiert würden über die Heuchelei in ihrer Haltung zu Atomwaffen.

Herr Butler sagte in einem Seminar, das er am 21. September 2002 im Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung Sydney abhielt, dass die Amerikaner nicht verstehen könnten, dass sie sich nicht auf das Recht berufen dürfen, Atomwaffen zu besitzen, wenn sie anderen Nationen dieses Recht bestreiten.
"Meine Versuche, Amerikaner in Diskussionen über doppelte Standards zu verwickeln, sind kläglich gescheitert - selbst mit hochgebildeten und engagierten Menschen", sagte Butler. "Manchmal hatte ich das Gefühl, ich würde zu ihnen sprechen, als käme ich vom Mars, so tief sitzt ihre Unfähigkeit zu verstehen."
"Was Amerika absolut nicht verstehen kann, ist, dass ihre Massenvernichtungswaffen genauso ein Problem darstellen wie die des Irak".
Richard Butler sagte weiter, dass der Schrecken des 11. September in den Amerikanern nur die fixe Idee verstärkt habe, dass es "gute und schlechte Massenvernichtungswaffen" gäbe.

Bei einer früheren Gelegenheit hatte Butler davon gesprochen, dass es immer besonders schwer gewesen sei, in Verhandlungen mit dem Regime in Irak mit solchen Ungereimtheiten zurecht zu kommen.
Zu den "härtesten Momenten" in Bagdad habe es gehört, wenn die irakische Seite verlangte, ich sollte ihnen erklären, warum sie wegen ihrer Massenvernichtungswaffen verfolgt würden, während Israel nichts passierte, obwohl es bekanntlich etwa 200 Atomwaffen besitzt.
"Ich gestehe, dass ich immer zurückzucke, wenn ich von amerikanischen, britischen oder französischen Attacken gegen Massenvernichtungswaffen höre, die außer Acht lassen, dass sie selbst die stolzen Besitzer großer Mengen solcher Waffen sind, und dreist behaupten, dass diese Waffen wichtig für ihre nationale Sicherheit seien und dass dies auch so bleiben müsse."
Eine solche Ungerechtigkeit produzierte eine zutiefst unsichere Situation. Die Menschen würden eine solche ungerechte Behandlung nicht einfach "schlucken".

Ein weiteres Problem im Irak sei gewesen, dass es Materialien gibt, die sowohl zur Produktion von chemischen und biologischen Waffen, als auch zur Verwendung in der Landwirtschaft, Industrie und Medizin eingesetzt werden können.
Die Entscheidung des UN-Sicherheitsrats von 1991, auch ungefährliche Massenvernichtungswaffen im Irak zu zerstören oder zu beseitigen, war wesentlich härter als die Versuche, nach dem 2. Weltkrieg Deutschland und Japan zu entwaffnen.

Butler Accuses US of Nuclear Hypocrisy

By Gerard Noonan, Education Editor
Monday, 18 November, 2002

The former chief weapons inspector in Iraq Richard Butler has lashed out at United States "double standards", saying even educated Americans were deaf to arguments about the hypocrisy of their stance on nuclear weapons.
Mr Butler, an Australian, told a seminar at the University of Sydney's Centre for Peace and Conflict Studies that Americans did not appreciate they could not claim a right to possess nuclear weapons but deny it to other nations.
"My attempts to have Americans enter into discussions about double standards have been an abject failure - even with highly educated and engaged people," Mr Butler said. "I sometimes felt I was speaking to them in Martian, so deep is their inability to understand."
Mr Butler's comments to the seminar, held on September21, are reported in the university's latest newsletter.
"What America totally fails to understand is that their weapons of mass destruction are just as much a problem as are those of Iraq," he said, adding that Hollywood storylines fuelled such attitudes.
Mr Butler said the horror of September 11 had only entrenched the idea in Americans that there are 'good weapons of mass destruction and bad ones'.

Mr Butler, who headed the United Nations weapons inspection team in Iraq in the early 1990s, is a former Australian ambassador for disarmament.
Earlier, delivering the university's Templeton Lecture, Mr Butler said one of the most difficult times with the Iraqi regime had been dealing with this issue of inconsistency.
"Amongst my toughest moments in Baghdad were when the Iraqis demanded that I explain why they should be hounded for their weapons of mass destruction when, just down the road, Israel was not, even though it was known to possess some 200 nuclear weapons," he said.
"I confess, too, that I flinch when I hear American, British and French fulminations against weapons of mass destruction, ignoring the fact that they are the proud owners of massive quantities of those weapons, unapologetically insisting that they are essential for their national security, and will remain so."
Mr Butler said that manifest unfairness - double standards - produced a situation "that was deeply, inherently unstable".
"This is because human beings will not swallow such unfairness. This principle is as certain as the basic laws of physics itself."

Mr Butler said one problem encountered in Iraq was that materials and technologies employed in making a chemical or biological weapon were identical to those used in a range of benign products for medical, industrial or agricultural use.
The UN Security Council's decision in 1991 to destroy, remove or render harmless Iraq's weapons of mass destruction was unique and far-reaching, far tougher than past attempts to disarm defeated countries like Germany and Japan.

Truthout Issues (Los Angeles), 18. November 2002


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