Andrea Zempel - Initiative für Frieden in Israel-Palästina Erlangen

Rede für die Ostermarsch-Auftaktkundgebung in Erlangen am 1. April 2002

(Einleitung)

Wie weit ist von Erlangen nach Fürth/Nürnberg? 20, 25 km? Ein Katzensprung jedenfalls. Ungefähr so weit ist es auch von Ramallah nach Jerusalem. Wir fahren jetzt dann nach Nürnberg. Natürlich wird es dabei keine Problem dabei geben. Stellen wir uns doch mal vor, es gäbe welche.

(Beispiele für israelische Gewalt)

Stellen wir uns vor, es gäbe Straßensperren, an denen wir stundenlang anstehen müssen. Straßensperren, an denen Soldaten stehen, die uns abweisen. Soldaten, die uns nicht in andere Dörfer und Städte fahren lassen, die uns nicht unsere Verwandten und Freunde besuchen lassen, die uns daran hindern, zur Schule, zur Uni, zur Arbeit zu fahren. Die uns auf allerhöchsten Befehl verbluten lassen, wenn wir verletzt sind, die auch Hochschwangere abweisen, die sogar auf unsere Krankenwagen schießen. Auf der Jagd nach Terroristen brechen sie in unsere Häuser ein, zerstören unsere Wohnungen, besetzen sogar Schulen. Nebenbei zerstören sie unsere Straßen, zerbomben unseren Flughafen, unsere Kommunikationsanlagen, unseren Radiosender. Mutmaßliche Terroristen bomben sie vorsorglich vom Hubschrauber aus tot. Wer von uns ausversehen sonst noch dabei stand, hat eben Pech gehabt.

(Besatzung)

Stellen wir uns vor, diese Soldaten und ihr Staat würden nicht nur unsere Straßen, sondern auch unsere Grenzen, unser Wasser und damit unsere ganze Ökonomie kontrollieren. Sie würden dafür sorgen, dass wir wochenlang keine Lebensmittel, kein medizinisches Gerät, kein Wasser bekommen, und unsere Produkte auch nicht auf den Welthandel bringen können.

Stellen wir uns vor, sie würden die Lebensgrundlage unserer Bauern - und die meisten von uns sind nun mal Bauern – zerstören, indem sie Zehntausende von Olivenbäumen umwalzen, Land beschlagnahmen und Siedlungen darauf bauen. Nicht nur Siedlungen, sondern auch Verbindungsstraßen, auf denen Wir aber nicht fahren dürfen, sondern nur die Siedler. Diese Verbindungsstraßen würden unser Land absurd zerstückeln. Und das alles nun schon seit mehr als 30 Jahren.

 

Wie würden wir diese Situation nennen?

Wie nennen andere diese Situation? Zum Beispiel israelische und palästinensische Intellektuelle der Friedensbewegung, die am Freitag einen Hilferuf an die Weltgemeinschaft sandten. Am Freitag, als die israelische Invasion nach Ramallah begann. Diese Intellektuellen sagen, dass Israel seit Jahrzehnten eine Politik der "Besatzung, Apartheid, ethnischer Säuberung und 18 Monaten Krieg gegen eine Zivilbevölkerung" praktiziert, dass Israel "ungestraft Kriegsverbrechen und andere Verletzungen des internationalen humanitären Rechts begeht". Dazu gehören "willkürliche Tötungen, wahllose Beschießungen, Luftbombardements, komplette ökonomische und soziale Restriktionen, Massenzerstörung von Wohnungen und Landwirtschaft."

(Nachzulesen auf der homepage der Universität Gent.)

Die israelischen Friedensgruppen demonstrieren nicht nur, sie handeln auch: Zusammen mit internationalen Aktivisten setzen sie sich als lebende Schutzschilde für die Palästinenser ein, harren mit ihnen in ihren Wohnungen, Flüchtlingslagern aus, leisten medizinische Hilfe. Diese internationalen Aktivisten und auch internationale Journalisten werden von Israel ausgewiesen. Was sollen sie nicht sehen und was dürfen sie uns nicht zeigen vom israelischen Zitat Sharon "totalen Krieg gegen den Terrorismus?"

Die israelische Friedensbewegung sagt es klar und deutlich: Die israelische Regierung unterdrückt die palästinensische Zivilbevölkerung und bestraft alle für die Taten einzelner. Wie sollen wir als Deutsche dazu stehen? Dürfen wir das auch sagen?

Unsere Geschichte ist der Grund, dass viele von uns schweigen, wenn Israel das Thema ist. Ist das richtig? Dürfen wir überall auf der Welt Unrecht anprangern, und in diesem einen Fall wegschauen? Lehrt uns unsere Geschichte nicht gerade, dass wir hinschauen müssen, dass wir protestieren müssen, wenn Menschenrechte mit Füßen getreten werden?

Wir müssen die israelische und palästinensische Friedensbewegung unterstützen, und wir müssen die palästinensische Bewegung für gewaltlosen Widerstand unterstützen.

Unsere Geschichte erklärt aber auch die Existenzangst Israels, die Angst vor der Vernichtung! Deshalb reicht es nicht, wenn wir israelische Menschenrechtsverletzungen kritisieren, sondern wir müssen Israel klar und deutlich versichern: Wir garantieren für eure Sicherheit! Wir stehen zur Existenz des israelischen Staates. Und wir müssen deutlich machen, dass wir nichts zu tun haben wollen mit muslimischen religiösen Fanatikern, die ewigen Hass und Zerstörung des Staates Israels predigen, die grausame menschenverachtende Selbstmordattentate gutheißen, die Landkarten hochhalten, auf denen kein Staat Israel zu sehen ist!

Konklusion:

Der israelisch-palästinensische Konflikt ist leider das beste Beispiel für unser heutiges Motto: Krieg ist keine Lösung.

Wir sehen, dass auf jede kriegerische Aktion der einen Seite eine kriegerische Reaktion der anderen Seite folgt.

Dabei über-sehen wir aber allzu leicht die Ausgangslage, nämlich, dass in diesem Konflikt die Gegner nicht gleich stark sind. Diesmal ist Palästina der David, der sich gegen den Goliat Israel wehrt.

Das ist die Ausgangslage, die wir durch die israelische Besatzung der Palästinensergebiete und Ost-Jerusalems und durch das ungelöste palästinensische Flüchtlingsproblem vorfinden. Das ist die Ausgangslage, in der religiöser Fanatismus gedeiht!

Nur wenn sich diese Grundsituation ändert, gibt es eine Chance, eine kleine Chance für Frieden.

Deshalb heißt es für Israel-Palästina nicht nur: Krieg ist keine Lösung! Sondern es muß auch heißen: Besatzung ist keine Lösung! Genau deshalb muß Israel den ersten Schritt machen und seine Politik ändern.

Dazu gehört: Israel muß die einschlägigen UN-Resolutionen beachten, d.h., die Besatzung beenden, die Siedlungen aufgeben, die Flüchtlinge nach Palästina zurückkehren lassen;

Israel muß einen souveränen palästinensischen Staat anerkennen, Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen eingestehen, entschädigen und die Verantwortlichen dafür vor Gericht stellen, und

Israel muß auf das einmalige Friedensangebot der arabischen Welt eingehen.

Damit Israel dies tut, müssen Damit die Weltgemeinschaft und die einzelnen Länder Druck auf Israel ausüben, müssen die Regierungen von der Weltöffentlichkeit unter Druck gesetzt werden.

Das heißt für Deutschland:

Nennen wir doch endlich israelische Kriegsverbrechen und die Realität der Besatzung beim Namen. Unrecht muß auch so genannt werden dürfen. Es reicht nicht, dass unser ehrenwerter Außenminister die Unversehrtheit Arafats und ein Ende der Gewalt fordert! Er soll vielmehr dafür sorgen, dass keine deutschen Waffen nach Israel verkauft werden.

Schreiben wir Briefe, telefonieren wir mit unsern Politikern, bitten wir unsere Medien um differenzierte Berichterstattung, gehen wir auf die Straße! Nächste Gelegenheit ist die Demonstration "Solidarität mit Palästina" am 13. April in Berlin.

Macht mit bei unserer Initiative Frieden für Israel – Palästina! Treff: kommender Mittwoch um 20.00 im Dritte Welt Laden Erlangen -

Egal was ihr tut – jetzt ist die Zeit zum Handeln! Frieden für Israel-Palästina!